Geschichte

Kleine Chronik des Gesangvereins „Fortschritt” Käfersberg und der Fasentgemeinschaft „Freies Montenegro 1907/65 e.V.”

1905, am 27. Dezember

Im Jahre des Heils abends 9 1/2 Uhr im Gasthaus zum Rebstock durch Abspaltung von dem Gesangverein Ortenberg gegründet, weil dort der neue Dirigent Hauptlehrer Emil Schmitt trotz vorausgegangenem gemeinsamen Beschluss nachträglich von den Ortenberger Sängern nicht akzeptiert wurde. Den exzentrischen „Herr Lehrer” (Du Satansbraten !) mussten – so die im Protokollbuch verbriefte Geschichte – „zwölf Mann in Frack & Zylinder” in einer Kutsche zur Inthronisation in seinem Haus Bühlweg 11 (heute Hubert Vollmer) abholen, so der Vermerk durch den Schriftführer Franz Schilli, St. Andreas Rebgutverwalter, unterzeichnet auch vom 1. Vorstand Franz Sepp Vollmer, dem 2. Vorstand Emil Herp (Leimegraf) & Kassier Karl Vollmer. 

1907

Auf die Fastnacht hin rekrutierte sich aus der Sängerschar auf Initiative des Dirigenten eine FASENTGEMEINSCHAFT FREIES MONTENEGRO. Die „Schwarzen Berge” um Käfersberg einerseits und die damaligen Freiheitskämpfe im Balkan-Staat andererseits animierten den skurrilen Lehrer zum fastnachtlichen Ausscheiden aus dem Gemeindeverbund „wegen jahrhundertelangen Schberenzle” zwischen Ortenberg und dem „vernachlässigten” Ortsteil Käfersberg. Man zog eine Grenzlinie bis zum OCHSEN und alles, was rechts vom „DUCKELA” (Ochesenbach) lag, war „montengerinisches Territorium. Doch was ist ein Verein ohne Fahne? Um dieses hehre Ziel zu erreichen, häuften sich Theateraufführungen, Waldfeste mit Feuerwerk, Christbaumversteigerungen, Glückshafen usw. und vor allem auch große fastnächtliche Aktivitäten. Dies polsterte das “Cassa-Conto” nach und nach auf, so dass 1910 die obligatorische Fahnenweihe im OCHSEN steigen konnte. Mit einem Startkapital in der Fahnenkasse von 100 Goldmark – auch aus vielen kleinen Spenden – ward bei der Fahnenstickerei Geschwister Ruh in Endingen für 350 Goldmark (!) der überfällige Vereinsbanner beschafft. (Die Fahne wurde übrigens nach der „Wiedervereinigung” in 1919 – viele aktive Sänger waren gefallen – umgestickt und dient heute noch dem dort entstandenen „Sängerbund”). Die restliche Kaufsumme von 250 Goldmark borgte Sonnenwirt Schimpf aus Offenburg bei 6,5 % Verzinsung. Die Feuerversicherungsprämie – wohl wegen des Darlehens- belief sich jährlich allein auf 7,30 GM. Bis 1912 wurden jährlich 50 GM nebst Zinsen getilgt. Was die Restschuld von 100 GM plus Zinsen betrifft, verliert sich im Dunkel der Geschichte. Das „Gründungs- und Cassa-Buch – beginnend am 27. Dezember 1905 – schließt bei Kriegsausbruch mit einem Bestand von 53,09 RM.

„Montenegrinerli” war bis in die 60er Jahre der Spitzname für die Käfersberger. Hingegen schrieb der Soldat Theodor Vollmer, Sonnengasse (gef. 1917) anno 1915 vom Balkan: „Bei den Montenegrinern lachen selbst die Hühner!”

Im Jahre 1964…

…erfuhr Friedrich Stigler von Alt-Förster Franz-Sepp Vollmer (1870 – 1966) diese fast untergegangene Vereinsgeschichte. Nach vorbereitenden Gesprächen am damaligen „Gottfried-Stammtisch” bei der Erna im REBSTOCK wurde dort selbst mit großem Idealismus auf breiter Front am 20. Februar 1965 an gleicher Stelle die FASENTGEMEINSCHAFT FREIES MONTENEGRO 1907/65 auf Initiative von Friedrich Stigler wieder gegründet.

1965

Eine fastnächtliche Abspaltung von Ortenberg war „zwangsläufig”. Verwaltungsmäßige Ordnung muss sein! In offener „unheimlicher U(h)rwahl” nach Gewichtung der Wahlzettel in einer Berg- und Talwaage zeigte sich folgende Konstellation:

Neben der Wahl der Gemeinderäte (Einheitsliste) wurden ernannt:
Rektor Hans Philipp, Wassermeister Richard Lehmann, öffentliche Anlagen Gottfried Muckle, Förster Gottfried Vollmer, Stierfütterer Emil Reinberger, Wegwart und Jagdhüter Rudolf Grimmig, Volksbad Annagrete Weck, Fleischbeschau Berg Gust, Müllabfuhr Heinrich Riedinger, Post Emil Frei, Zollwesen Heinrich Seckinger, Gerichtsvollzieher Eduard Ferg, Hebamme Amalie Herr, Arzt Dr. Sam (Gottfried Herp). Für die Bürgerwehr 12-Ender Richard Lehmann mit Oberkanonier Weck; Wehrbeauftragter Major Wörner. Für die Feuerwehr Kommandant Erich Vollmer/ Franz Herp, Musikverein unter Stabführung von Heinrich Vollmer, Gesangverein FORTSCHRITT unter Vorstand Gottfried Kiefer, Viehverein Karl Frei, Turnverein Karl Spinner, Sportverein Karl Schwörer, Land, Ein- und Verkaufsgenossenschaft Karl Sieferle. Ehrenbürger: Johannes (Hans) Litterst. Der ebenfalls gewählte Gemeinderat rekrutierte sich aus vorgenannten Persönlichkeiten, wobei Fritz Herr als Ur-Montenegriner in Abwesenheit (Kur) einstimmig zum Fraktionsvorsitzenden der unabhängigen Monte-Einheitspartei ernannt wurde.

Der alljährliche „JOHRMÄRKT” am Fastnachtsonntag in seiner urwüchsigen bodenständigen Art mit stets neuen Attraktionen und Akzenten lockte bald tausende Besucher an; er wurde wieder ein fester Bestandteil in der Ortenberger Fasent. 1970 stellte die Kiefer Zäzel aus dem oberen Käfersberg mit damals 82 Jahren fest: “Du hesch us dem Schbidznamme MONTENEGRINERLI” widder e Ehrnamme gmachd!” Sagen wir lieber „Ihr habt …”, die immer größer gewordene Schar von arbeitsfreudigen Idealisten unter den folgenden Vögten Karl Spinner, Ernst Bögle, Gangolf Mandel und Martin Bürkle.

 Auszug aus dem Buch „Grudd un Ruewe” von Friedrich Stigle